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1. SKIJAK-STEIERMARK-DURCHQUERUNG

14. - 18. AUGUST 1985

Von Robert Koch

Vom rauschenden Wildbach zur stinkenden Kloake

 

Um Steiermarks Hauptfluss auch für die zahlreichen Wassersportler wieder zugänglich zu machen, rief im August 1985 der Allgemeine Skijak-Klub Trofaiach zur 1. Steiermark-Durchquerung unter dem Motto „Für eine saubere Mur“ auf. 16 Skijak-Sportler aus 3 Nationen beteiligten sich an der 250 km langen Suche nach den Verursachern der größten Umweltverschmutzung der Steiermark.

VORGESCHICHTE

 

Für mich war es seit meinen ersten "Schritten am fließenden Wasser", die ich im Oktober 1981 unter den Fittichen von "Skijak-Pionier" und Konstrukteur Harald Strohmeier auf Steiermarks Hauptfluss zwischen Göß und Leoben unternommen hatte, klar, dass Befahrungen der Mur zu einem wesentlichen Bestandteil des Paddelrepertoires der Skijaksportler werden müssten und werden würden - schon aus geografischen Gründen. War doch die Mur - neben dem Trabochersee - das am nächstliegende Wassersportrevier bzw. sogar das einzige paddelbare Fließgewässer in unmittelbarer Umgebung.

 

1984 startete ich mit meinen Skijak-Kumpels Werner Laure und Rupert Seitner sowie den Paddlerkollegen Bert Griesebner und Heinz Zulehner zu einer spätherbstlichen Tour zwischen St. Michael und Leoben, was den Auftakt zu einer langjährigen Tradition bilden sollte. Denn bis zum heutigen Tag zählt diese Tour als Schauplatz für den alljährlichen Saisonstart und dessen Ende. „An- & Abpaddeln“ im Klub waren geboren.

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AUSGANGSSITUATION

 

Für uns Wassersportler, die durch ihre bevorzugten Befahrungen von Wildwasser, wie Salza oder Enns, glasklares Wasser gewöhnt und "verwöhnt" waren, war die Befahrung der Mur speziell ab dem Pöls-Zufluss bei Fisching eine auch nicht ganz unriskante und wenig attraktive Aktion aufgrund fehlender Schwierigkeitsgrade. Doch ich war seit Anbeginn unserer Skijakaktivitäten von der speziellen Rolle der Mur überzeugt und betätigte mich schon damals als "Vordenker" und heimatverbundener Optimist.

 

Seit meiner Schulzeit in Leoben und den Studienjahren in Graz galt die Mur als Problemfall, als „größte Flusskloake“ Österreichs, ja sogar Mitteleuropas. Die bräunliche Farbe des Flusses gehörte zu den Gegebenheiten und die Ausgangssituation war vor allem bezüglich der Wasserqualität nicht unproblematisch, als ich gegen Ende des Jahres 1984 ein paar hart gesottene Kumpels aus dem Klub überzeugen konnte, bei dieser ersten Befahrung zwischen St. Michael und Leoben mitzumachen. Vor der gleichen Situation stand ich auch ein Jahr später, als der Plan einer Durchquerung des Landes auf Steiermarks Hauptfluss Gestalt annahm.

 

Die Unterstützung für unser Vorhaben war von Beginn an sehr hoch. Zum einen fand die Idee großes Echo bei Harald und Helmut Strohmeier, die uns materiell jedwede Unterstützung zusicherten. Für „Pionier“ Harald war es sozusagen „Pflicht“, auch im hohen Alter von 73 an einigen Teilstücken teilzunehmen. Unterstützt wurden wir auch von einigen Politikern und von den Gemeinden Murau, St. Georgen/Judenburg, Leoben, Niklasdorf, Frohnleiten, Graz, Lebring und natürlich Trofaiach, wo wir stets offenes Ohr für unsere teils ungewöhnlichen Vorhaben fanden.

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DIE IDEE

 

Eine Befahrung der Mur von der Salzburger Landesgrenze bei Predlitz bis zur slowenischen Staatsgrenze bei Spielfeld galt in Paddlerkreisen zwar als nicht besonders schwierig und durch viele Wehrpassagen wenig attraktiv, doch in Sachen Heimatverbundenheit war die Strecke hervorragend geeignet, dem Skijaksport in der Öffentlichkeit zu mehr Aufmerksamkeit zu verhelfen. Von der Idee, die gesamte Strecke von 250 km nonstop zu durchfahren, kamen wir bald ab, weil dies kaum absicher- und kontrollierbar sowie wenig attraktiv schien.

 

So entstand der Plan, die Strecke in 5 Tagen mit 9 Etappen und 4 Übernachtungen zu bewältigen, die Rennwertung wurde aus gefahrenen Kilometern und Bonuspunkten aus 4 Sprintwertungen ermittelt. Neben dem sportlichen Aspekt sollte aber vor allem auf die prekäre Situation rund um die Wasserqualität der steirischen „Hauptader“ aufmerksam gemacht werden, die zu den meistverschmutzten Gewässerläufen Europas zählte, wofür vor allem die Industriebetriebe entlang des Murtales beteiligt sind.

 

Mit dieser „Befahrung mit sportlichem Protestcharakter“ wollten wir aber auch eine Tradition fortsetzen, die ihren Anfang bereits in den 1920-er-Jahren genommen hatte. Einer der „Pioniere der Wasserski“ dieser Zeit, der Obdacher Karl Namestnik, hatte mit seinen „gekoppelten Wasserski“ die Strecken Zeltweg – Leoben und Leoben – Graz ohne Sturz absolviert und dabei für einiges Aussehen gesorgt.

Siehe „Wasser & Sonne“ 6.7.1928 - ANNO, Wasser und Sonne, 1928-07-06, Seite 3 (onb.ac.at)

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DIE FAHRT

 

Eines vorweg: Die Tour wurde zu einem vollen Erfolg, an dem 16 Skijaksportler aus den größten Klubs Österreichs und 3 Nationen beteiligt waren. Die Bewältigung der gesamten Strecke von 250 km blieb letztlich 6 Sportlern vorbehalten, wobei eine überraschend hohe Durchschnittsgeschwindigkeit von fast 10 km/h verzeichnet wurde.

 

Smaragdgrün präsentierte sich die Mur von Predlitz weg als schönes Wildwasser – so ganz nach dem Geschmack aller Wassersportler. Auf anspruchsvollen Wellen verlief die Etappe unterhaltsam und abwechslungsreich mit einem Zielsprint in Murau, wo man im Camp direkt am Fluss übernachtete.

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Tag 2 brachte die Strecke von Murau bis Zeltweg mit mehreren Wehrumtragungen und einem Sprint in St. Georgen ob Judenburg, wo eine große Menge an Fans auf die Sportler wartete. Spannend verlief auch die Nacht bei Zeltweg, die das Team im Naturalcamp direkt am Fluss verbrachte.

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Während bis zur Einmündung der Pöls bei Zeltweg die lokalen Abwässer die Hauptverschmutzer bildeten, war es ab hier mit dem „reinen“ Vergnügen vorbei, was sich vor allem durch Eintrübung und geruchsmäßig bemerkbar machte. Halbzeit war nach 2 weiteren Etappen in Leoben, wo die Teilnehmer in heimischen Betten schlafen konnten.

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Eine ständige Zunahme der Verschmutzung registrierten wir ab Bruck/Mur, wo auch die Fließgeschwindigkeit infolge der zahlreichen Stauanlagen erheblich zurückging. Ein „Ehrenbier“ gab es in Zlatten, wo wir am Stausee Pernegg auf Harald Strohmeier und die Anfänge des Skijaksports vor 55 Jahren anstießen.

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Ab Gratkorn präsentierte sich der Fluss als „Leykam-Privat-Kloake“, gekennzeichnet durch dunkelbraunes Wasser mit weißen Schaumkronen. Fahrten mit dem Skijak-Tandem, Ballspiele am Wasser und ein Sprint am Stausee nördlich von Graz sorgten für Abwechslung und Spaß bei den noch rund 10 verbliebenen Teilnehmern.

Sein absolutes „Endstadium“ aber erreichte der Fluss südlich von Graz, wo vor allem in den Stauseen der zahlreichen Wehren die Verschmutzung und Ansammlung von schwimmendem Müll sichtbar zutage trat. Die Palette reichte von Verhütungsmitteln, Damenunterwäsche, faulem Obst, Plastik in allen Varianten bis hin zu Flaschen, Töpfen und Bällen.

Der sportliche Wert war bis Leoben gegeben. Den Rest der Etappen bestimmten Paddelstrecken und Wehrumgehungen. Abwechslung boten die vielen neuen Brückenbauten der S6 zwischen St. Michael und Leoben, wo man durch gekonnte Postierung in der Hauptströmung 2 gewaltige Gefahrenstellen produzierte.

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RENNVERLAUF

 

Sehr bald war uns Teilnehmern klar, dass der Wettkampfcharakter nicht an vorderster Stelle zu finden sein sollte, sondern lediglich der Abwechslung diente. Insgesamt nahmen 16 Sportler an den Etappen teil und ein Team von 9 Personen absolvierte die gesamte Tour, davon 6 auf dem Wasser.

 

Als Rennleiter fungierten Werner & Kurt Laure, Vera Doncsecs und Reinhold Duda vom ASK Trofaiach, mit 9 Teilnehmern stellte der ASK das größte Team und insgesamt wurden 24 Wehren bewältigt. Die gesamte Paddelzeit betrug knapp 30 Stunden (siehe Rennprotokoll)

 

Hier das Endergebnis aus gepaddelten Kilometern und Punktesprints:

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1985 stmk-dq chronik (46) sprintwertung.
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